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Akko, Israel (WS)
Zwischen Nahariyya und Rosh Haniqra, nahe der israelisch-libanesischen Grenze, im Sommer 1974: Der Omnibus hat wenige Leute abgesetzt. Auf einer Asphaltstraße gehen sie weiter, nordwaerts, bei fuenfunddreißig Grad im Schatten. Bananenpflanzungen dehnen sich zur einen Seite, auf der anderen Seite grueßt von Ferne das Meer. Ein Minensuchboot liegt draußen. Unten verlaeuft die Bahn Beirut - Haifa, die Linie, auf welcher der Taurus-Express von Istanbul nach Kairo haette verkehren sollen. Oder was von ihr uebrig geblieben ist: Die Schienen sind noch da, doch mehrfach verschwinden sie im Schutt. An einer Stelle haengen sie in der Luft, ueber der Brandung der großen Wellen, welche hier ueber das Mittelmeer von Westen heran gerollt kommen. Oben auf dem Huegel verkuendet eine Schrift: Photographieren verboten. Ein Panzerwagen steht vor einem Schlagbaum, Soldaten halten geladene Maschinenpistolen in den Haenden und ein Schild weist darauf hin, daß hier "Gefahr" und die libanesische Grenze seien.
Touristinnen lassen sich mit den Maschinengewehrschuetzen zusammen photographieren, eine Coca-Cola-Bude steht hier, ein Reisebus hat gerade eine Schulklasse arabischer Kinder zu einem Ausflug hierher gebracht und eine Seilschwebebahn traegt die Touristen ueber weiße Kalkfelsen hinunter ans blaue Meer, das ein Labyrinth von Hoehlen in das Gestein genagt hat, unter der Bahnlinie London - Cairo. Von dieser sind noch zwei Tunnels sichtbar, der eine, zum Libanon hin, mit Steinen zugemauert.
Gegen Abend, in Nahariyya, erinnert vieles an Kurorte in Deutschland oder Österreich: die Allee, die Spaziergaenger, die Fiaker und die Namen der Hotels und Kaffeehaeuser, "Haus Rosenblatt", "Pension Rosi", "Cafe Pinguin"... Am Bahnhof ist unter den vielen Lauten auch Deutsch zu hoeren. Triebwagen aus Esslingen stehen hier, eine General Motors als Zuglok davor. Maedchen in Khaki-Uniformen sind unter den eingestiegenen Passagieren, Soldaten suchen in den Papierkoerben nach Bomben, im Buffetwagen liegen Maschinenpistolen auf den Tischen - dennoch ist die Atmosphaere freundlich. Der Zug rumpelt durch gruene Plantagen und faehrt an der Brandung vor der alten Seefestung Akko (und an aegyptischen Fahrzeugen aus dem Sechstagekrieg) vorueber nach Haifa. Die Sonne sinkt tiefer - ueber einer unendlichen Folge von Karpfenteichen unter Palmen - ein Bild wie Boehmen in Ägypten.
Fast eine Woche wuerde der Express London - Cairo bis hierher unterwegs sein, gaebe es ihn. Die Zypressen und Laubbaeume reichen bis dicht an die Wagendaecher heran. Alle Fenster sind geoeffnet, der milde Wind streicht durch die Großraumwagen, wiegend faehrt der Schnellzug in den Abend hinein, Tel Aviv entgegen.
Tel Aviv - Naharriya, Tel Aviv 1994 (WS)
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