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T r a v e l s  -  R e i s e n




A l e x a n d r i a   -   C a i r o



Cairo (WS)



Alexandria, Ras-el-Tine Palace (WS)

Stunden dauert am Hafen von Piraeus das Warten auf die verspaetete "Espresso Cagliari" der Adriatica zur Reise nach Alexandria an einem Augusttag 1979. Gegen Abend laeuft sie ein. Sie kommt aus Venedig und unter den Aussteigenden faellt eine klassische Italienerin auf, Sophia Loren koennte sie sein. Schade, dass sie aussteigt; mit ihr die Pyramiden zu sehen...

Lastwagen werden ein- und ausgeladen, die Kunst der Fahrer ist zu beweundern. Der Chauffeur eines englischen Reisebusses tut sich schwer, da schubst ihn ein Grieche vom Sitz zur Seite und jongliert selber das Fahrzeug über die Rampe, unter dem Applaus der Zuschauer. Um Mitternacht legt das Schiff ab. Majestaetisch gleiten die Lichter der Kuestenorte vorüber, irgendwo in der Nacht muss der Tempel von Sounion sein – und auf dem Oberdeck kommt die „Sophia Loren“ entgegen. Erschrecken. Sie spricht nicht italienisch, nicht französisch wie die gebildeten Italienerinnen, sondern Spanisch, aber sie weiss guten Rat – ihr Mann ist Deutscher, beide sind aus Argentinien.

Am anderen Tag, beim Swimming-Pool, erzählt der Deutsche aus seinem Leben: Flieger ist er gewesen, aber auch im diplomatischen Dienst in Tanger und Marokko hat er gearbeitet, er hatte arabische Sprachen studiert. Vierte im Kreis ist eine Ägypterin, blond, selbstbewusst, mit goldener Zigarettenspitze; sie spricht Englisch und Spanisch, ignoriert den Ramadan, schmuggelt Whisky, Wodka und Bacardi im Gepäck. Araber sitzen am Abend beim israelischen Fernsehen.

Dritter Reisetag: Einlaufen in den neuen westlichen Hafen von Alexandria (der berühmte Pharos, der Leuchtturm der Antike, stand an der oestliche Hafenbucht). Sonne bescheint den Ras-el-Tine-Palast des Mohammed Ali, Herrscher im 19. Jahrhundert. Boote segeln vorüber wie vor hundert Jahren. Wir helfen der Ägypterin, die Sachen durch den Zoll zu schmuggeln.

Fuer den Schiffsreisenden aus Europa ist die Hafenstadt laut, verwirrend heiß, ein wenig Neapel, aber staubiger. Einige Eindruecke: eine Fiakerfahrt die Corniche entlang, die so schoen ist wie die Promenade des Anglais in Nizza... Ein Kutscher, der sich verfaehrt, darueber schimpft wie eben ein Kutscher und schließlich, nach gluecklichem Erreichen des Ziels, dem verdutzten Fahrgast einen orientalischen Bruderkuss auf die Wange drueckt... Oder ein Gepaecktraeger, der sich durch nichts abwimmeln laesst, nicht durch absichtliches Nichtverstehen, nicht durch Kopfschuetteln auf die Erkundigung ob man Englisch kann, noch durch "no" auf sein "sprechen Deutsch? Francais?", und der auf die aus Übermut auf seine Frage, was man nun eigentlich spreche, hingeworfene Bemerkung "Ellinika" - fließend griechisch zu plaudern beginnt... Oder der Taxifahrer, der partout eine Taxifahrt nach Cairo anbieten will, die natuerlich dankend abgelehnt wird. Eindruecke dann: der Bahnhof, im Stil der Gruenderzeit erbaut, seine großzuegige Halle mit filigranen Stahlbindern, der Tee im Cafe neben dem Bahnsteig, die droehnenden Diesel, General Motors, aehnliche General Electric, eine neue Henschel in Silber, stumm eine andere Henschel im Look der fruehen Nachkriegszeit. "Unser" Zug nach Cairo wartet mit Vierachsern in den Standardfarben grau mit hellgrau an einem der hohen Bahnsteige. Ein Schaffner verstaut das Gepaeck auf den Ablagen in einem Großraumwaggon zweiter Klasse (der einzige "Air conditioned"-Wagen war schon ausgebucht) und - haelt die Hand fuer ein Trinkgeld auf.

Hitze, Menschen mit Sonnenschirmen, hohe Haeuser, flatternde Waesche, Elendhuetten und Moscheen saeumen die Ausfahrt aus der Dreimillionenstadt. Gruene Baumwollfelder, Kamele, Weidenbaeume, Schilf, Ochsen an Schoepfraedern, Dattelpalmenhaine begleiten die Strecke. Rasende Schienenstoeße, mit hohem Hornsignal auf dem Gleis rechts vorbeidonnernde Gegenzuege, Staub, nochmals Staub, und das Bewusstsein, jetzt in Afrika zu sein - das ist die Fahrt durch das Nildelta. Streckenweise kommt links der Mahmudieh-Kanal in Sicht, auf dem schon die "Indian Mail" befoerdert worden war und auf dem hohe traege Frachtensegler wie im vorigen Jahrhundert dahinziehen. "Man glaubt, durch eine andere Welt zu fahren", meint Julieta, Argentinierin, die "Sophia Loren" von der "Espresso Cagliari"- sie sitzt jetzt mit ihrem Mann Otto auf der Bank gegenueber.

Bei Kafr El-Zayat ueberquert der Zug den Rosetta-Arm des Nils. In Tanta gibt es eine Entdeckung. Hellgrau gestrichen, mit seinen ovalen Tuerfenstern dennoch unverkennbar, steht da ein ehemaliger Pullman-Wagen der Wagons-Lits-Gesellschaft als Zeuge einer glorreichen Eisenbahntradition. Und zwei abgestellte Tender, durch deren Staubschicht noch der gruene Anstrich schimmert, erinnern an die laengst vergangene Dampftraktion.

Ein bettelnder Junge ohne Haende kommt durch den Waggon. "God bless Nixon. Peace for the Land of Peace", ist ueber eine Hauswand geschrieben. Endlose Viertel mit niedrigen aermlichen Haeuschen zeigen an, dass das Ziel Cairo nicht mehr weit ist. Kein Gruen gibt es hier zwischen den Mauern, nur Staub. Noch trostloser sind die Mietskasernen. Von den Menschen, die in jenen Jahren am Rande der Muellhalden vegetieren, hat der Tourist ohnehin keine Ahnung.


Rapide 990 Cairo - Sohag, diesel unit built for Alexandria - Cairo by Ganz-Mavag, Cairo 1979 (WS)


Der Verkehr in der Zehnmillionenstadt ist beaengstigend. Der Fußgaenger hat staendig einen Fuß im Grab und den anderen im Krankenhaus. Kinder, Hupen, Melodien aus Transistor oder Kassetten, ueberfuellte Busse, Menschentrauben... Das andere Cairo: Casino am Nil, Luxushotels, die wunderschoenen Lichterketten, der Duft nach Jasmin an einem lauen Sommerabend...

Und am anderen Tag besichtigen wir gemeinsam die Pyramiden. Geheimnisvoll lauert davor die Sphinx. Über riesige Quader geht es außen an der Cheops-Pyramide empor. Darinnen dann durch niedrige Gaenge, hohe Schaechte, alles dunkel, kaum beleuchtet, nur gebueckt kann man aufwaerts klettern, es ist unertraeglich heiß, stickig, eng, und dann die Grabkammer: ein kleiner rechteckiger Raum, voellig schmucklos, darin ein zerbrochener Sarkophag.


Gizeh (WS)

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