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Direct 572 Sfax - Tunis, 060-DP, El Jem, Tunesie, Nov.1996 (WS)

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Wolken, die Kueste, mehr braun als gruen, eine Stadt, wie Sand, wir muessen soeben Cap Bon passiert haben - zwei Stunden heute mit dem Flugzeug von Deutschland entfernt, zu Zeiten des Kaisers Wilhelm aber zwei Naechte im "Berlin-Neapel(-Palermo)-Express" und noch eine Nacht mit dem italienischen Dampfer - das ist Tunesien, einst wie heute Ziel zum Überwintern.

Sousse, am Bahnhof der SNCFT, der Société Nationale des Chemins de fer Tunisiens, am 17. November 1996 bei 25 Grad (in Deutschland herrscht Winter): Ein Glockenspiel ueber Lautsprecher und Ansage auf Arabisch und Franzoesisch kuendigt die Einfahrt des "direct" 5125 auf Meterspur von Tunis nach Gabès an. Hinter einer gruenen sechsachsigen Reisezugdiesellok 060-DP des kanadischen, auch an den Irak gelieferten, Typs von Bombardier mit Stirnfuehrerstaenden, laeuft der Zug puenktlich um 9 Uhr 15 ein, sieben Wagen in Blau-Weiß mit gelber Linie, eine Garnitur von Ganz-Mávag. Einsteigen in die II. Klasse, Kunstledersitze hintereinander, Neonlicht, Klimaanlage, und ab und zu eine Frau weiß verschleiert, seltener ein Herr mit rotem Fez, der Chechia, unter den europaeisch gekleideten Juengeren. Der Schaffner, korrekt uniformiert wie in Frankreich, kontrolliert die Fahrkarten - und mit viel Hupen geht es mitten durch die Stadt, wie eine Straßenbahn, die Autos bleiben stehen, unterhalb der 1100 Jahre alten Stadtmauer zum Hafen und an der Station Bab Jedid vorbei. Von dort aus fahren die 25 kV-Elektrotriebzuege YZ-E von Ganz der "banlieue" nach den Ferienparadiesen Monastir und Mahdia. Zweimal am Tag laeuft auch ein "direct" von Tunis aus hinter einer ungarischen Diesellok 040-DO dorthin durch. Unser Schnellzug benuetzt das gleiche Gleis bis Sousse Sud und biegt dann ins Landesinnere ab.

Zwischen Olivenbaeumen fuehrt die Linie eingleisig (aber mit modernen Lichtsignalen) suedwaerts. Ein Kellner serviert Sandwiches und Kaffee. Die hoelzernen Speisewagen und auch die Tenwheeler-Dampflok, die schon 110 km/h erreicht haben, sind in den sechziger Jahren verschwunden.

El Jem: Ein kubischer weißer Bahnhof wie alle Stationen hier, im Hintergrund ein Minarett. Das kolossale Roemertheater ist nicht zu sehen. Nach zwei Stunden Fahrzeit tauchen die Vororte einer groeßeren Stadt auf, Werkstaetten, Cafés, in denen nur Maenner sitzen, Tankstellen, Peugeots, Renaults: Sfax, die zweitgroeßte Stadt des Landes.

Die Ausfahrt geht am Hafen vorueber, dann an Teichen und Lagunen entlang. Ab und zu ein Dorf, Haeuser zu ebener Erde, Kinder beim Spielen, keine Armut. Ein Kamel dreht sich nach dem Zug um. Olivenpflanzungen auf brauner Erde, regelmaeßig angelegt, so weit das Auge reicht, begleiten die Bahn.

In Graïba biegt das Gleis der frueheren Cie. des Phosphates du Gafsa landeinwaerts nach Redeyef ab. Ein Gueterzug kommt von dort mit einer schwaerzlichgruenen sechsachsigen "lownose" - MLW herein. Auf dem spektakulaeren Gebirgsabschnitt zwischen Metlaoui und Tebeditt, kurz vor Redeyef, verkehrt in jenen Jahren der Touristenzug "Lézard Rouge", die beruehmte Garnitur mit einem hoelzernen Salonwagen des Bey und mit einer rotbraunen 040-DM von General Electric. Unser Zug faehrt suedwaerts nach Gabès weiter. Er hat sieben Wagen, hinter der Lok den ueblichen Generator, gegen Schluss die Erste und die "Confort"-Klasse - mit Blumenmuster ueberzogene schoene Stoffsitze.

Der erste Palmenhain taucht auf. Streckenbaustellen; eine neue Stahlbruecke fuehrt ueber ein Wadi hinweg; Steppe, im Westen Gebirge, ein Tafelberg; Halbwueste nun, spaerliche Straeucher in Gruen und Dunkelrot... Und dann Hochspannungsmasten, Industrie, links das Meer; zwischen Mietshaeusern faehrt der Zug in Gabès ein: Endstation, Ende der Bahn, eine Kleinstadt im Sandstaub am Ende der Welt, sieben Stunden Fahrzeit von Tunis entfernt. Nicht einmal Umsteigestation nach dem nahen Libyen ist es. Wer dorthin reisen wollte und duerfte, wuerde den Bus direkt von Tunis aus nehmen.

Sousse, ein Tag spaeter: Einfahrt des "direct" 558 Sfax-Tunis mit der blauen 040-DO und wieder der ueblichen Garnitur von Ganz. Ein strahlender Morgen, Sonne ueber den Olivenbaeumen, den Pinien, Zypressen und Opuntienkakteen. Der Zug Tunis-Gabès kommt diesmal mit nur fuenf Wagen entgegen, "confort" am Schluss. Und am Himmel bewegt sich eine Rauchwolke, sie kommt naeher, teilt sich - ein Vogelschwarm aus dem kalten Europa.

In Bir Bou Rekba steht ein dunkelblauer Alsthorn-Dieseltriebwagen, der frueher Tunis-Sfax gelaufen war. Hier steigen Touristen aus Hammamet zu. Links ragt der Djebel Sidi Zit knapp 800 Meter hoch, Vorort-Wendezuege mit kanadischen 040-DK fahren vorueber, eine flache Bucht oeffnet sich und in der Ferne liegt das weiße Haeusermeer von Tunis.

Tunis Barcelone: ein moderner Bahnhof aus Beton und Glas, nebenan die gruene Metro. Und die Straßen dahinter, die franzoesischen Aufschriften, die Fassaden, die Kathedrale, das ist wie Marseille, das ist beinahe Frankreich. Wie weit weg liegt doch Gabès in seinem Sandstaub! Auf den Normalspurgleisen, wo einst der "Train de luxe Tunis-Constantine-Alger-Oran" mit seinen weißen Dreiachsern aus dem ersten Orient-Express-Wagenpark zur Abfahrt bereitgestanden haben mag, wo vor Jahren die tunesischen silbernen Inox-Wagen des Transmaghreb nach Algier starteten, steht jetzt am 18. November 1996 noch dessen MLW-Typ 060 DI und daneben, hinter der ebenso schmutziggruenen sechsachsigen 060-BN-315 von General Electric, ein aus zwei dreiteiligen Ganz-Mávag-Triebwagen improvisierter Zug. Seine drei Klassen, auch "confort", sind besetzt, sein blau-weißer Anstrich wirkt schon etwas ausgebleicht - das ist vom Express Tunesien-Marokko TM 1 "Transmaghreb" uebriggeblieben: ein Zug, den die Abfahrtstafel namenlos lediglich nach der Grenzstation Ghardimaou angibt. Als die gleiche Garnitur abends zurueckkommt, scheint ihre einstuendige Verspaetung darauf hinzudeuten, dass vielleicht doch irgendein Anschluss aus dem fuer Touristen nun unzugaenglichen Algier abgewartet worden ist.


TM1 Tunis - Ghardimaou, connection Alger, DN315, Tunis Nov.1996 (WS)

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