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T r a v e l s  -  R e i s e n




A u f   H u m b o l d t ' s   S p u r e n



Venezuela, Isla Margarita, a megaship of the Century class of Celebrity Cruises and the “Columbus” of Hapag-Lloyd, 2002 (WS)


Über dem Meer am Horizont ein ferner Wolkenrand, winzig klein ein Gewitterturm darueber, dort muss Venezuela sein - Traum der Jugendzeit, Suedamerika! Beim Naeherkommen sind unter den Wolken dunkle Berge, der Nebelwald der Avila-Kette, rote Erde, Staedte, der Hafen La Guaira zu erkennen. Kreuzfahrtschiffe, die Riesen der Celebrity Cruises, kamenommen in von jenem Jahr an wieder dorthin - aber natuerlich war unseredie Anreise an der Kueste entlang mit dem Flugzeug vor sich gegangen.

Die Fahrt mit dem Limousinen-Service fuehrt ueber die phantastische Autobahn "Panamericana" zwischen gruenen Haengen, durch Tunnels und ueber Bruecken durch die Landschaft des einstigen Ferrocarril de La Guaira y Caracas. Wie moegen sich deren elektrische Schmalspurzueglein an den Steilhaengen emporgeschraubt haben, dem weiß-blauen Himmel von Caracas entgegen, tausend Meter ueber dem Meer...

Vorbei. Die einzige Bahn hier ist die moderne Metro und die einzigen Personenzuege im Land verkehren von der Industriestadt Barquisimeto im Westen zum Hafen Puerto Cabello. Aber nach all den Warnungen vor Überlandreisen im Bus fahren wir doch lieber "nur" auf den Pico El Avila - mit dem neuen Teleferico, dessen zahlreiche "glaeserne" Gondeln an nur einem einzigen Seil haengen, ueber die Vegetationszonen der Bergsteppe, dann des Laubwalds, hoeher oben des Nadelwalds, die Schneise unten dicht voll von Farnen, bis in die andine Vegetation am Hotel Humboldt, einem weißen Turm auf 2250 m Hoehe - und unten liegt das Puzzle aus Wolkenkratzern und Barrios der Multimillionen-Metropole von Venezuela.


Monserrate, Bogota (WS)



FCN Baldwin no.56, Restorante no. 2571459 (WS)

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Kolumbien erscheint seit 1991 im Fahrplan ohne Eisenbahnverkehr. Selbst der "Expreso Tayrona" der einstigen Ferrocarriles Nacionales, der auf 3-Fuß-Spur die 969 Kilometer vom Karibikhafen Santa Marta nach der Hauptstadt Bogotá mit Schlaf-, Speise- und Aussichtsschlusswagen zuruecklegte, ist der Privatisierung zum Opfer gefallen. Der einzige regelmaeßige "Bahnverkehr" in Bogotá fuehrt auf den Aussichtsberg Monserrate. Es ist eine Standseilbahn, durch Eukalyptusurwald und einen Tunnel hindurch. Mit den rotem Wagen oben angekommen, hat der Reisende die 2650m hoch gelegene Sechsmillionenstadt wie ein Spielzeug unter sich.

Sonntags, heißt es, sollen manchmal Touristenzuege fahren. Durch die im Reisefuehrer als "unsicher" beschriebene Gegend des Bahnhofs Sabana geht es im Taxi, um nicht nochmals solch gut gekleideten Herren zu begegnen, welche sich tags zuvor auf der Straße das Bargeld uebergeben ließen. Die Station, ein Kopfbahnhof, ist an jenem 22. Februar 1996 wie erwartet geschlossen, aber ein freundlicher Eisenbahner draengt geradezu einen Besuch beim Chef des Betriebswerks auf und - da steht schon der einstige Express mit seinen Leichtbauwagen aus den Bahnwerkstaetten in Cali. Im Schuppen fuehrt der "Jefe" zu den Lokomotiven, alles Dampflok, kleinraedrige Mikados von Baldwin aus den vierziger Jahren, die Nummern 72,75 und 85 in Schwarz-rot mit den Initialen der FCN, dahinter "Restaurante" 3008 und der bekannte Aussichtswagen. Alle Wagen sind rot mit gelber Zierlinie gestrichen - als "Turistren" des Ferrocarril Turismo de Sabana fuer gelegentliche Tagesausfluege. Abseits steht ein Sitzwagen im alten dunkelgruenen Anstrich und ein Speisewagen in Hellbraun, wie zur Erinnerung an jene Zeit, als in Kolumbien noch richtige Expresszuege verkehrten, nach Fahrplan und mit Diesellok...

Ecuador, die Hauptstadt Quito, am 17. Februar 1996: Wolken quellen aus den Taelern der fast 3000 Meter hoch gelegenen Gebirgsmetropole, als das Taxi in der Morgendaemmerung auf nassen Straßen durch endlose Vororte zum Bahnhof hinunter faehrt. Der liegt scheinbar verlassen da, aber durch ein Gittertor kann man ueber das Gleis zu einem unglaublich primitiven Zug gehen: Ein zu einer Art blechernem Aussichtswagen mit Nr. 112 umgebauter kurzer Schmalspurvierachser mit offenen Plattformen, davor zwei Einheimischenwagen mit winzigen gesplitterten Fenstern, dann vier Gueterwagen, alles rote Vierachser der staatlichen ENFE, auf einem krummen 3 Fuß 6 Zoll-Gleis, ein Zug von beklemmender Tristesse im Regen. Und es kommen mehr Leute, schließlich sind auch die fensterlosen Gueterwagen voll besetzt, die ersten Passagiere erklimmen die Daecher. Immer mehr nehmen oben im Regen Platz...

Um 8 Uhr 40, eine Dreiviertelstunde verspaetet, faehrt der Zug ab. Die Lokomotive, eine moderne sechsachsige Diesel von Alsthom, in Silber mit einem Streifen in den Nationalfarben Rot-blau-gelb, will nicht so recht zu den alten Wagen passen. Nur ein vergilbtes Plakat hat auf Ausflugsfahrten mit Dampfbetrieb fuer Reisegruppen hingewiesen. Mit der Laufruhe eines Gueterzuges geht die Fahrt im Fußgaengertempo durch die Vororte, in Tuchfuehlung mit den Marktstaenden.

In engen Kurven windet sich die seltsame Fuhre von anfangs 2770 m in eine immer lieblicher werdende Landschaft hinab, durch Laubwaelder und an Viehweiden vorueber. Die Berge sind in Wolken gehuellt, die Haenge zur Linken muessten der Fuß des Vulkans Cotopaxi sein. Durch Nadelwaelder aufwaerts erreicht der Zug den Haltepunkt Cotopaxi-Nationalpark, 3547 Meter hoch.

Durch eine Vegetation aus seltsamsten Nadelgehoelzen hindurch fuehrt die Strecke nun wieder abwaerts, hinaus in ein weites gruenes Tal mit Kuhherden und Ranchos. Auch auf der rechten Seite ist ein immenser Bergkegel in Wolken versteckt, das kann nur der erloschene Vulkan Iliniza sein. Die naechste Station heißt Latacunga, hier steht der Zug eine Stunde lang. Dann wieder gruene Landschaft, ein Fluss in einer tiefen Schlucht, ein Amazonas-Zufluss, dann S-Kurven, durch die sich das einsame Gleis ab- und wieder aufwaerts kruemmt, der Stadt Ambato zu. Es ist Karneval, deswegen ist der Zug so voll - und von Bruecken und Boeschungen herunter werden die Reisenden, die inzwischen zu Hunderten auf den Daechern stehen, eimerweise mit Wasser beschuettet, so wie das dort Karnevalsbrauch ist.

Um einen Gueterwagen erleichtert faehrt der Zug ueber eine 3600 m hohe Gebirgsschwelle weiter nach seiner Endstation Ríobamba, die er um 17 Uhr erreichen wird, in einer Reisezeit von 8 Stunden fuer 221 Kilometer. Er verkehrt nur samstags. Morgen nur wird ein anderer Zug von Ríobamba ueber die Spitzkehren an der beruehmten Teufelsnase hinab nach dem Bahnhof Durán der Hafenstadt Guayaquil fahren.

Wir aber nehmen den Bus, der uns in der halben Zeit zum halben Preis auf der "Panamericana" zurueck nach Quito bringen wird. Der Chimborazo, den Humboldt zu besteigen versucht hat, ist immer noch in Wolken verborgen, die anderen Vulkane jedoch, die seine Begeisterung erregt haben, entbloeßen nun ihre Haeupter: ebenmaeßig von Sueden anzusehen das weiße Dreieck des Iliniza, ungeheuer ueber einer grauen Wolkenwand vor einem Streifen blauen Himmels schwebend das eisige Trapez des Cotopaxi, fast 6000 Meter hoch, dreitausend Meter ueber der Talsohle...


Quito - Riobamba, Alsthom no.2405, Quito, Feb.1996 (WS)

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Quito (WS)


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